Der Klassen-Unterschied: Verhalten von Schülern bei Stadtführungen und die Rolle der Bezugspersonen

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Erfahrungen aus den letzten 500 verschiedenen Touren und Rallyes

Stadtführungen sind für viele mehr als nur eine touristische Unterhaltung. Sie sind auch eine anschauliche Methode, um Lerninhalte für Schülergruppen greifbarer zu machen. Doch mit dieser Art der Lernvermittlung gehen vielfältige Verhaltensweisen einher, die eng mit der Schulform verknüpft sind und sowohl Herausforderungen als auch Bereicherungen für die Stadtführer darstellen können.

Von allen menschlichen Interaktionen während einer Stadtführung bieten Schülergruppen die größte Varianz, was sie zu einem besonders faszinierenden Teil der Erlebniswelt macht. Ihre Verhaltensweisen bringen eine enorme Diversität mit sich, die nicht nur die Hauptzielgruppe von Bildungsreisen repräsentiert, sondern auch den Facettenreichtum von individuellen Lernprozessen widerspiegelt.

Die Verhaltensweisen dieser Schülergruppen hängen oft stark von unterschiedlichen Faktoren ab - von der Schulform über die begleitenden Lehrkräfte bis hin zum elterlichen Einfluss. Mit fortschreitendem Alter zeigt sich grundsätzlich ein Trend Richtung zunehmender Selbstkontrolle. Diese Einflüsse prägen die Erfahrungen und Herausforderungen, die während einer Stadtführung auftreten können und machen den Beruf des Gästeführers zu einer spannenden und stetigen Lernaufgabe.

In diesem Artikel werfen wir einen genauen Blick auf diese Verhaltensunterschiede, die sich aus hunderten von Stadtführungen meiner Erfahrung herauskristallisiert haben und von disziplinierten Gymnasiasten bis hin zu lebhaften Real- und Hauptschülern reichen. Dabei werden auch einige Anregungen und Strategien zur Verbesserung der Situation und zur Anpassung an die verschiedenen Schülergruppen vorgestellt. Die Fähigkeit, auf diese vielfältigen Verhaltensweisen einzugehen, stellt eine wesentliche Kompetenz für jeden Gästeführer dar und macht jeden Ausflug zu einer einzigartigen Bildungsreise.

Gymnasiasten: Die disziplinierten Zuhörer

Business as usual

Gymnasiasten sind in der Regel eine Freude für jeden Stadtführer. Diese sind in der Regel äußerst diszipliniert und stellen nur selten logistische Herausforderungen dar. Sie stehen still, hören aufmerksam zu und stellen durchdachte Fragen. Solche Schüler scheinen das Ziel der Führung zu verstehen: Etwas zu lernen und eine neue Perspektive auf ihre Stadt zu gewinnen. Aber selbst in dieser Gruppe können gelegentlich Probleme auftreten. Manchmal scheint es, als würden sie die Tour als reine Informationsveranstaltung ansehen und vergessen dabei, die Umgebung auch emotional zu erleben. Herausfordernd bei Gymnasiasten ist, dass sie nicht sichtbar zu erkennen geben, wenn sie etwas nicht verstehen.

Das Pokerface der Gymnasiasten: Wenn das Unverständnis verborgen bleibt

Die Mimik der Gymnasiasten kann mit einem über Jahre hinweg perfektionierten "Pokerface" beschrieben werden. Sie sind dich darüber bewusst geworden, dass ihre Gesichtszüge Wirkung auf die Mitmenschen entfachen. Tragischerweise führt diese Erkenntnis dazu, dass man diesen Schülern im Laufe der Zeit nicht mehr ansieht, wenn sie etwas nicht verstehen. Denn diese bewussten Gymnasiasten geben dies nicht mehr freiwillig zu erkennen, da sie schlechte Noten fürchten. Auch ziehen sie stets in Betracht, wie ihre Mitschüler über sie urteilen könnten, wenn sie sich beteiligen. So kann es für den Stadtführer zur Herausforderung werden, diese Schüler zu lesen.

Real- und Hauptschüler: Eine logistische Herausforderung

Offene Respektlosigkeit

Schüler unterer Schulformen, einschließlich Realschulen, Hauptschulen und Gesamtschulen, können hingegen zu einer unübersehbaren Menge logistischer Herausforderungen führen. Sie können unruhig sein, sich gegenseitig unterhalten und dem Führer den Rücken zukehren. Ihre Mimik ist oft offener, man kann direkt sehen, wenn sie etwas nicht verstehen. Leider zeigt sich ihre emotionale Offenheit manchmal auch in Respektlosigkeiten und impulsivem Verhalten. Nicht selten erfordert ihre Betreuung besondere logistische Fähigkeiten.

Das Mienenspiel der Schüler: Wenn Emotionen die Führung beeinflussen

Probleme vorprogrammiert

Im Gegensatz zu den Gymnasiasten zeigen Schüler unterer Schulformen oft ihre Emotionen und insbesondere ihr Unverständnis sehr offen. Sie lassen ihren Gefühlen freien Lauf, häufig mit merklicher Ungeduld, was zu Respektlosigkeiten führen kann, insbesondere wenn sie auf weibliche Lehrkräfte treffen. Diese offene Mimik kann einerseits dazu führen, dass man als Stadtführer schneller erkennt, wenn Inhalte nicht verstanden wurden. Andererseits kann dieses Verhalten auch zu Unterbrechungen und Störungen während der Führung führen.

Fortgesetztes Schulhofverhalten

Zu den Herausforderungen dieser Schülergruppen zählen Verhaltensweisen, die typisch sind auf deren Schulhöfen. Die Schüler haben Probleme, zwischen ihrem alltäglichen und schulischen Verhalten unterscheiden. Teilweise scheint nicht einmal Klarheit darüber zu herrschen, dass sich soziale Situationen überhaupt unterscheiden. Im Folgenden werden ein paar exemplarische Problemtypen von Schülern aufgeführt.

Die Plaudertaschen

Ein häufiges Problem ist, dass sie sich während der Führung untereinander unterhalten und dadurch sowohl sich selbst als auch die anderen Teilnehmer ablenken. Manchmal muss der Führer die Führung unterbrechen und darum bitten, die Gespräche einzustellen.

Die Wanderer

Einige Schüler scheinen es schwer zu finden, still an einem Ort zu stehen. Sie laufen umher, erkunden die Umgebung auf eigene Faust oder drehen dem Führer sogar den Rücken zu.

Die Fragenden

Auch die Art der Fragen kann problematisch sein. Anstatt gut durchdachte und konkrete Fragen zu stellen, bringen sie manchmal nur halbfertige Gedanken vor, die mehr Verwirrung stiften als zur Klärung beitragen.

Die Sesshaften

Diese Gruppe von Schülern zeigt eine geringe Ausdauer während der Stadtführung und sucht ständig nach Möglichkeiten, sich hinzusetzen. Ihre fehlende Kondition, oft eine Folge langen Sitzens in der Schule, führt dazu, dass sie sich sogar auf den schmutzigen Boden setzen, nur um eine Pause zu bekommen. Ihr Verhalten kann die Dynamik der Führung stören und für den Führer zusätzliche Herausforderungen darstellen.

Die Esser

Diese Schüler ziehen es vor, während der Führung zu essen, was sowohl durch Geräusche als auch Gerüche die Aufmerksamkeit der Gruppe stören kann. Sie packen oft lautstark ihre Snacks aus und ignorieren dabei die Tatsache, dass eine Stadtführung kein Picknick ist. Ihre unangemessene Einnahme von Nahrung kann zu Ablenkungen führen und den Führungsfluss stören.

Die Klassenclowns

Diese Schüler stellen oft Fragen oder machen Bemerkungen, um Lacher von ihren Klassenkameraden zu provozieren. Sie sind weniger an den Inhalten der Führung interessiert und konzentrieren sich stattdessen darauf, sich selbst ins Rampenlicht zu stellen. Ein solcher Schüler spritzte ungeniert mehrfach Wasser von einem Springbrunnen in die Gruppe und auf meine Unterlagen. Obwohl Klassenclowns manchmal für Heiterkeit sorgen können, kann ihr Verhalten die Ernsthaftigkeit der Führung untergraben und den Lernprozess der anderen Schüler stören.

Destruktive Verhaltensweisen und wie man sie handhaben kann

Destruktive Verhaltensweisen

Manche Verhaltensweisen gehen allerdings über einfaches Unverständnis oder Respektlosigkeit hinaus. Auf einer meiner Führungen fing ein Schüler eine Taube und begann, ihr Federn aus den Flügeln auszureißen. An anderer Stelle kletterten Schüler auf Monumente und begannen, Steine herauszubrechen. Es kommt vor, dass Schüler sich schubsen oder sogar schlagen. Ein weiteres beunruhigendes Beispiel war, als ein Schüler wiederholt antisemitische Kommentare abgab. Solche destruktiven Verhaltensweisen können die Führung erheblich stören und erfordern besondere Maßnahmen.

Handhabung

1) Aufteilung der Gruppe

Um solche Situationen im Vorfeld zu vermeiden, ist eine Aufteilung der Klasse in kleinere Gruppen von 6-8 Schülern eine effektive Maßnahme. Eine solche Größe schafft eine intimere Umgebung, in der sich Schüler mehr engagieren und ermöglicht es dem Stadtführer und den Lehrpersonen, besser auf die Schüler einzugehen und ihr Verhalten zu regulieren. Leider geschieht eine solche Aufteilung so gut wie nie, da sie mit höheren Kosten für zusätzliche Guides verbunden ist.

2) Vorabgespräche

Auch können Lehrer können vorab die Schüler auf grundsätzliche Verhaltensweisen während der Führung aufmerksam machen, beispielsweise nicht zu essen, bei der Gruppe zu bleiben und zumindest nicht auffällig zu stören.

3) Während der Führung

Aufmerksame Lehrer gehen während der Führung aktiv auf Unruheherde zu und richten die Aufmerksamkeit dieser Schüler still und diskret wieder auf das Geschehen. Auch können sie kurze Einzelgespräche zwischen den Standorten mit herausfordernden Schülern führen.

4) Ausschluss von Schülern

Es kann vorkommen, dass störende Schüler die Qualität einer Stadtführung erheblich beeinträchtigen. Wenn alle Strategien zur Einbindung und Beruhigung scheitern, könnte ein Ausschluss dieser Schüler vor oder während der Führung in Erwägung gezogen werden. Diese Entscheidung sollte jedoch mit Bedacht und in Absprache mit den Begleitpersonen getroffen werden, um sowohl das Lernerlebnis der restlichen Schüler zu schützen als auch dem betroffenen Schüler eine klare Grenze aufzuzeigen.

Die Rollen von Lehrern und Eltern

Rolle der Lehrer

Zwischen Engagement…

Eine entscheidende Rolle beim Verhalten von Schülern während Stadtführungen scheint die Kompetenz ihrer Lehrer zu spielen. Fähige Lehrer schaffen es oft, ihre Schüler zu motivieren und anzuleiten, sodass diese sich während der Führung diszipliniert und interessiert verhalten. Solche kompetenten Lehrkräfte haben in der Regel auch kompetente Schüler, die sie zu den Führungen mitbringen. Es ist bemerkenswert, dass die Unterschiede zwischen den Lehrern fast so stark variieren wie jene zwischen den Schülern, was die Vielfalt und Komplexität dieser Situation unterstreicht.

… und Resignation

Im Gegensatz dazu ist es offensichtlich, dass manche Lehrer angesichts unkontrollierter Klassen aufgegeben haben, diese in ihrem oftmals schädlichen Verhalten zu korrigieren.

In manchen Fällen sind die Begleitpersonen bei Stadtführungen keine regulären Lehrkräfte, sondern eher Aufsichtspersonen, die den Schülern größtenteils unbekannt sind und daher kaum Autorität ausüben können. Daher wäre es äußerst ratsam, dass die tatsächlichen Lehrkräfte diejenigen sind, die die Schüler bei solchen Führungen begleiten. Als etablierte Bezugspersonen verfügen sie über die notwendigen persönlichen Beziehungen zu den Schülern, die entscheidend für deren Lern- und Sozialverhalten sind.

Wer soll erziehen? Eltern oder Lehrer?

Das Verhalten der Schüler und die Art und Weise, wie sie sich auf einer Stadtführung verhalten, sind jedoch nicht nur eine Angelegenheit der Schule und der Lehrkräfte. Es ist auch ein Spiegelbild der Erziehung zu Hause und der Wertvorstellungen, die die Eltern ihren Kindern vermitteln. Mehr und mehr kristallisiert sich heraus, dass Schüler einzelner Demografien insbesondere die Lehrerinnen nicht respektieren.

Die Frage, wer mehr Verantwortung für die Erziehung der Kinder trägt, Eltern oder Lehrer, bleibt kontrovers. In Zeiten, in denen beide Elternteile arbeiten müssen, um den Lebensunterhalt zu sichern, fühlen sich Lehrer oft allein gelassen. Sie sind mit der schwierigen Aufgabe konfrontiert, neben der Wissensvermittlung auch erzieherische Rollen zu übernehmen, was zu Konflikten und Überlastung führen kann.

Die Schülerperspektive

Wie ist es, Schüler zu sein?

Um Stadtführungen für Schulklassen noch bereichernder zu gestalten, ist die Einbeziehung der Schülerperspektive von entscheidender Bedeutung. Die Frage, warum sich Schüler auf bestimmte Weise verhalten, und wie sie sich während der Führung fühlen, ist ebenso relevant wie die Untersuchung dessen, welche Aspekte sie als spannend oder langweilig empfinden. Durch das bessere Verständnis ihrer Bedürfnisse und Interessen könnten wir die Führungen entsprechend optimieren.

Schüler leiden ebenfalls

Schüler fühlen sich oftmals der Situation ausgeliefert. Die Teilnahme an der Führung haben nicht sie entschieden, sondern ihre Bezugspersonen. Ihre Grundbedürfnisse sind ungedeckt und sie stehen unter psychischer Belastung, was zu kollektiver Widerspenstigkeit führen kann. Hier kann ein Stadtführer nur teilweise reagieren, da manche Faktoren außerhalb seiner Macht stehen.

Lange Anreisezeiten sind häufiger Grund für Müdigkeit. Direkt nach Ankunft an einem fremden Ort sind erfahrungsgemäß Touren nicht empfehlenswert, da sie die Schüler physisch und psychisch überfordern.

Die Rolle des Stadtführers

Stadtführer kämpfen um den Moment

Ungeachtet aller Widrigkeiten ist es nicht nur möglich, sondern für Stadtführer geradezu obligatorisch, um die Aufmerksamkeit der Schüler zu ringen. Dies erreichen sie, indem sie außergewöhnliche Einblicke, überraschende Wendungen und humorvolle Momente in den Führungsverlauf einweben. Dadurch gelingt es ihnen, den Schülern ein unvergessliches und lehrreiches Erlebnis zu bieten, auch wenn die Umstände herausfordernd sein mögen.

Leichte Sprache kann helfen

Ein Ansatz zur Verbesserung der Situation könnte in der Anwendung der ➤Leichten Sprache liegen. Leichte Sprache ist eine klare und präzise Ausdrucksweise, die komplexe Themen auf eine für alle verständliche Art und Weise präsentiert. Sie könnte insbesondere dazu beitragen, eine bessere Verständigung mit Schülern niedrigerer Schulformen zu ermöglichen und ihre Erfahrung während der Stadtführung zu verbessern.

Fazit

Stadtführungen mit Schülergruppen sind ein Spiegelbild unterschiedlicher Bildungswege und familiärer Hintergründe. Diese Führungen offenbaren eine Bandbreite an Verhaltensweisen, von disziplinierten Gymnasiasten bis zu impulsiven Hauptschülern. Eine effektive Führung erfordert von den Guides strategische Anpassungen und klare Kommunikation. Gleichzeitig hängt der Erfolg stark von der Begleitung und Vorbereitung durch Lehrer ab. Aber auch die elterliche Erziehung spielt eine entscheidende Rolle. Letztendlich erfordert eine erfolgreiche Führung ein Zusammenwirken von Guide, Lehrern und Eltern.

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